Veränderungen bei Hartz IV
Werner Ahrens von der Arbeitsloseninitiative WHV/ FRI zu Gast im SPD-Ortsverein West. Von Thorsten Stahlhut
„Veränderungen bei Hartz IV“ – dieses Thema lockte zahlreiche Genossen sowie auch einige Gäste am vergangenen Donnerstag in die Gaststätte Antonslust. Als Referent konnte Ortsvereinsvorsitzender Karlheinz Föhlinger den Sozialberater Werner Ahrens, von der Arbeitsloseninitiative WHV/ FRI gewinnen.
Karlheinz Föhlinger begrüßt Werner Ahrens von der Arbeitsloseninitiative
Dieser kam ohne Umschweife „zur Sache“ und stellte, Bezug nehmend auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, heraus, die Regelsätze nach den Sozialgesetzbüchern (SGB) II und XII verletzen die Menschenwürde. Vieles, was zum alltäglichen Leben dazugehöre werde dort nicht berücksichtigt. Als Beispiele hierfür nannte Ahrens Kosten, die durch Krankheit entstehen sowie Kosten für Bildung. Diese seien sogar bewusst nicht berücksichtigt worden, um die entstehenden Kosten niedrig zu halten. Insgesamt, so sein Fazit, habe durch Hartz IV die Armut zugenommen. Um ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten, müsse der Regelsatz bei ca. 440,- € (derzeit 359,- €, d. Verf.) für jede einzelne Person liegen. Einer Abstufung des Regelsatzes nach dem Alter erteilte Ahrens eine Absage. Zur Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts zum Urteil vom 09.02.2010 gelangen Sie hier.
Ein spezifisches Problem in Wilhelmshaven bestehe in der Berechnung der Mietobergrenzen. Zur Erläuterung: Arbeitslosengeld II setzt sich aus der von der Bundesagentur für Arbeit getragenen Regelleistung sowie durch die von der Kommune getragenen Kosten für die Unterkunft (= Bruttokaltmiete und Heizkosten) zusammen. Die von der Stadt errechneten Mietobergrenzen seien „aus den Wolken abgelesen“, führte Werner Ahrens aus. Zwar sei, so haben Gerichte festgestellt, die von der Kommune angewandte Methode durchaus in Ordnung, doch die errechneten Ergebnisse nicht nachvollziehbar. Die Stadt Wilhelmshaven beziehe bei der Berechnung der Mieten auch nicht zumutbaren Wohnraum mit ein, was die Mietobergrenze „drücke“. Diesbezüglich habe die Arbeitsloseninitiative eigene Recherchen angestellt. Aufgrund einer Entscheidung des Landessozialgerichtes vom 11.12.2008 wurden die Obergrenzen zwar angehoben, diese Anhebung werde aber nicht ausreichen. Spätestens in einem halben Jahr werde die Stadt mit ihren Festlegungen hereinfallen prognostizierte Ahrens. Die zu geringen Mietobergrenzen stellen deswegen ein gewichtiges Problem dar, weil für zumutbaren Wohnraum mittlerweile immer öfter ein Teil der Regelleistung aufgewendet werden müsse. Aus Sicht der Arbeitsloseninitiative ist die Problematik einsichtig, gleichwohl stellt sich die Frage, ob hier die Stadt Wilhelmshaven eigentlich der richtige Adressat ist? Müssen nicht auch die Vermieter, welche Wohnraum verkommen lassen stärker in die Pflicht genommen werden, ihre Immobilie in einem zumutbaren Zustand zu halten, bzw. zu bringen? Dieser Weg ist natürlich ungleich schwieriger, was aber nicht heißt, dass er nicht beschritten werden muss. In diese Richtung gab es keine Denkanstöße.
Im dritten Themenkomplex ging es um das Thema Arbeit. Ahrens spricht sich klar für Arbeit aus, von der man leben kann, d. h. keine Abhängigkeit von Sozialtransfers, z. B. auch Wohngeld oder Kinderzuschlag, gleich welcher Art besteht. Nicht ganz einfach, legt man ein von der Arbeitsloseninitiative errechnetes Beispiel zugrunde. Demnach hat eine Familie mit zwei Kindern im Alter von 12 und 15 Jahren bei einem ausgezahlten Gesamteinkommen von rd. 2.270,- € unter bestimmten Umständen noch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II) von rd. 240,- €. Allerdings, so Ahrens, seien nicht die Leistungen zu hoch, sondern die Löhne zu niedrig. Hierüber ließe sich trefflich streiten, resultiert doch der errechnete ALG II-Anspruch nur aufgrund von Freibetragsregelungen. Werden die Regelleistungen in der Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts tatsächlich erhöht, was keineswegs zwangsläufig ist, wird auch die Zahl derjenigen steigen, die trotz sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung ergänzend Arbeitslosengeld II beziehen. Hier herrscht Handlungsbedarf!
Ein Patentrezept zur Lösung aller Probleme hatte auch Werner Ahrens nicht, diesen Anspruch hat er auch gar nicht vertreten. Ein Schritt in die richtige Richtung sei die Einführung eines Mindestlohnes von 10,- € netto. Der Stadt Wilhelmshaven riet er, keine Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (Ein-Euro-Jobber, d. Verf.) mehr zu beantragen, sondern nur noch Arbeitsgelegenheiten/ Entgeltvariante. Entsprechende Anträge, so Föhlinger, werde der Ortsverein West auf dem Parteitag des SPD-Kreisverbandes im April einbringen.
Zur Arbeitsloseninitiative WHV/ FRI geht es hier.
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