Karlheinz Föhlinger: „Zukunft gestalten, heißt: Verantwortung übernehmen, auch und gerade in schwierigen Phasen“

Anläßlich der Verabschiedung des Wilhelmshavener Haushaltes im Rat der Stadt am 27. Februar 2013 hielt der Ortsvereinsvorsitzende des SPD – Ortsvereines Wilhelmshaven West und der Fraktionsvorsitzende der SPD – Fraktion im Rat der Stadt Wilhelmshaven, Karlheinz Föhlinger, folgende Haushaltsrede:

„Frau Vorsitzende, Herr Oberbürgermeister,

meine Damen und Herren ,

liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen!

‚Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen,  ist,   sie zu gestalten.“‚- Bei diesem Satz von Willi Brandt, dürfte er kaum die Probleme eines städtischen Haushaltes vor Augen gehabt haben. Was sich in der Verwaltungssprache als „strukturelles Defizit“ noch erträglich anhört, bedeutet für die Mitglieder des Rates in der Praxis ein Höchstmaß an Grausamkeiten.

Wir alle sind als Mitglieder dieses Rates angetreten, um die Zukunft unserer Stadt mitzugestalten. Und dann liegen Vorlagen auf dem Tisch, die Steuererhöhungen und Reduzierungen liebgewonnener Einrichtungen zum Gegenstand haben Entscheidungen also, die bei den Menschen in der Stadt und den Medien wenig Beifall finden, aber viel Kritik und bisweilen auch Häme auslösen.

Zukunft gestalten, heißt: Verantwortung übernehmen, auch und gerade in schwierigen Phasen. Die Stadt Wilhelmshaven befindet sich mit Blick auf die Finanzen ohne Frage in einer solchen schwierigen Phase. Es fehlt schlicht an verlässlichen und auskömmlichen Einnahmen, um den vorhandenen Bestand an Aufgaben und wichtige und wünschenswerte  neue  Angebote  dauerhaft   finanzieren zu  können. 219,2 Mio. € weist der Haushaltsplan 2013 an ordentlichen Aufwendungen auf. Die Erträge liegen um ca. 11 Mio. € unter den Aufwendungen. Ein Ausgleich des Etats erscheint im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung erst 2017 realistisch und möglich.

Das ist der Rahmen. Ein Rahmen übrigens, der seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten von Einsparungen und Kürzungen geprägt ist. – Und dennoch gilt es, die Zukunft zu gestalten, Wilhelmshaven zukunftsfähig zu machen.

Wir Sozialdemokraten tun dies in der Verantwortung für die Menschen in unserer Stadt. Bereits seit Jahren treten wir erfolgreich für den Ausbau der Präventionsarbeit im Jugendbereich ein. Trotz der finanziellen Probleme werden wir diesen Weg fortsetzen, und zu den drei bestehenden Familienzentren im Norden, Süden und Osten in diesem Jahr ein viertes Familienzentrum für den Stadtwesten hinzufügen.

Damit wollen wir das erfolgreiche Modell eines durchgängigen Beratungsangebotes in den Stadtteilen vervollständigen.

Viele Emotionen hat in den letzten Monaten das Thema Schulentwicklung ausgelöst.

Auch wenn einige Wenige nach dem Prinzip ‚stete Behauptung ersetzt den Beweis‘ weiterhin behaupten werden, die Thematik sei nicht zu Ende gedacht, so wurde über nahezu 2 Jahre eine offene und breite Diskussion geführt, die für Eltern, Lehrkräfte und Schulleitungen stets zugänglich war. Die SPD hat in Sachen Schulen/Bildung  Wort gehalten! Bedingt durch den deutlichen und dauerhaften Rückgang der Kinderzahlen in unserer Stadt werden wir zukünftig weniger Schulen benötigen und uns leisten können. Diese Schulen jedoch werden dem modernsten Standard entsprechen und die Kinder und Jugendlichen in Wilhelmshaven erfolgreich auf ihr weiteres Leben vorbereiten. Bis 2018 stellen wir dafür einen  zweistelligen Millionenbetrag zur Verfügung.

Der Grundsatzbeschluss des Rates zur Entwicklung der Schullandschaft wurde  im  Februar  getroffen. Nun geht es an die Umsetzung. Ich hoffe und wünsche mir, dass nun die Dogmen und Einzelinteressen in den Hintergrund rücken und wir gemeinsam einen konstruktiven Dialog über die Umsetzung und die innere Qualität unserer Schulen führen. Die SPD steht dafür zur Verfügung!

Gleichsam attraktiv muss Wilhelmshaven als Wohnstandort sein und verstärkt wieder werden. Dazu gehört ein ausgewogenes und bezahlbares Wohnungsangebot in allen Preis- und Größenklassen – vom der Studentenbude über zeitgemäßen Mietwohnraum für Familien/Alleinerziehende, bezahlbare Baugrundstücke bis hin zum seniorengerechten Wohnen muss die Mischung stimmen. Auch hier werden wir im Rahmen einer beschleunigten und zielgerichteten Stadtentwicklung Verantwortung für die Gestaltung unserer Zukunft übernehmen, um dem demographisch bedingten Rückgang der Einwohnerzahl entgegen zu wirken. Letztlich sind es die Einwohner in der Stadt, die die Steuereinnahmen erwirtschaften, aus denen die Kosten der kommunalen Daseinsvorsorge finanziert werden. Zukünftige Haushalte werden nur zu gestalten sein, wenn steuerzahlende Menschen in Wilhelmshaven wohnen, die Waren und Dienstleistungen vor Ort nachfragen und damit unmittelbare Wirtschaftsförderung betreiben. Zum Wohnen gehört auch die Gestaltung der Freizeit. Diese ist längst mehr  als ein „weicher Standortfaktor“. Vor dem Hintergrund der Finanzierbarkeit liegt hier die große Herausforderung, mit Augenmaß eine sachgerechte Infrastruktur in den Bereichen Sport und Kultur vorzuhalten.

Das Freibad Nord ist für die SPD ein unverzichtbarer Bestandteil des Freizeitangebotes. Gleiches gilt für die VHS, das Kulturzentrum „Pumpwerk“ und das Stadttheater als Spielstätte der Landesbühne Nord. In den Bereichen Sport und Kultur muss die Devise lauten: wir werden uns weniger leisten können, aber wir wollen und werden intelligent sparen. Prüfaufträge an die Verwaltung haben zum Gegenstand, nach machbaren Wegen einer Bündelung von Einrichtungen zu suchen. Küstenmuseum und Kunsthalle zu integrieren kann genauso sinnvoll sein, wie eine Zusammenfassung von „Rosarium“ und Botanischem Garten, wenn die Angebote dadurch kostengünstiger und  attraktiver werden. Weniger Einwohner bedeutet auch weniger Mitglieder in den Sportvereinen. Es macht also Sinn, die Anzahl der kommunalen Sportstätten oder der durch die Kommune finanziell geförderten Anlagen zu reduzieren, um die verbleibenden Sportstätten in einem guten Zustand zu erhalten. – Dieser Weg darf kein Tabu sein!

Seit Jahren beschäftigt uns die Zukunft des stationären Gesundheitswesens in Wilhelmshaven. Wir Sozialdemokraten stehen zu einem Krankenhaus in kommunaler Trägerschaft. Speziell vor dem Hintergrund einer älter werdenden Bevölkerung ist eine Privatisierung des RNK keine Alternative! Gesundheit ist das höchste Gut aller Menschen, deshalb stehen wir zu unserer Verantwortung, eine optimale Krankenhausversorgung vorzuhalten, die nicht in erster Linie Renditeziele verfolgt, sondern den Menschen dienen will. Seit letzter Woche gibt es einen erfolgversprechenden Ansatz zu einem „Zukunftspakt“ zwischen RNK und St. Willehad über den Bau eines neuen, gemeinsamen „Klinikum Wilhelmshaven“. Diesen erfolgreich, zielgerichtet  und sozialverträglich umzusetzen ist unser Aufgabe.  Die SPD stellt sich dieser Herausforderung.

Anspruchsvolle Ziele liegen in der Gestaltung der Wilhelmshavener Südseite vor Rat und Verwaltung. Die Gestaltung rund um den Innenhafen, den Banter See und auf der Wiesbadenbrücke muss im Rahmen einer integrierten Planung im Zuge der Stadtentwicklung höchste politische Priorität genießen. Dabei wird es Aufgabe des Rates sein, die Rahmenbedingungen der künftigen Möglichkeiten politisch zu diskutieren und festzuschreiben. Die notwendigen Investitionen und Umsetzungen können im Rahmen der Bauleitplanung dann durchaus durch Investoren erfolgen, die sich dem Gemeinwohl und der Stadtentwicklung verpflichtet fühlen. Wer zukünftig als Kommune wieder finanziell handlungsfähig sein will, muss sein Augenmerk mit Nachdruck auf die Förderung der Wirtschaft in ihrer ganzen Vielfalt richten. Wilhelmshaven ist im Zuge der Bundeswehrreform der größte deutsche Bundeswehrstandort geworden. Das schafft weitere – zusätzliche – Arbeitsplätze und löst Wertschöpfungsketten aus. Diese aktiv zu gestalten, ist eine wichtige Aufgabe der nächsten Jahre.

Der Jade-Weser-Port ist betriebsbereit. Nunmehr gilt es, gemeinsam mit dem Land Niedersachsen und dem Hafenbetreiber sowie der Hafenwirtschaft für Ansiedlungen, Arbeitsplätze und Umsätze zu sorgen. Dieser Auftrag richtet sich an die gesamte Region. Gerade im Bereich der Wirtschaftsförderung gilt es, regionale Kräfte noch mehr und noch zielorientierter zu bündeln, um so zu einem gemeinsamen Erfolg für die Menschen rund um den Jadebusen und „um zu“  zu kommen. Dies könnte gewissermaßen als Erfolgsmodell, eine Blaupause, für Kooperationen auch auf anderen kommunalen Handlungsfeldern werden. Dabei sollte weniger ein vorfestgelegtes Organisationsmodell der Städte und Landkreise am Beginn der Diskussion stehen, sondern die Suche nach Gemeinsamkeiten, Chancen und Schnittmengen. Bleibt  festzustellen:

Wir haben viele Chancen, Zukunft zu gestalten!

Nichts davon wird von alleine geschehen, es liegt viel Arbeit vor uns, wir werden uns streiten, weitere Hürden zu überwinden haben und von einer bisweilen überkritischen Öffentlichkeit in unseren Anstrengungen nicht immer nur freundlich begleitet werden. Grundlage unseres Handelns ist eine stabile, konstruktive Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen der CDU in der Mehrheitsgruppe und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Verwaltung. Auch wenn die öffentliche Wahrnehmung in den letzten Wochen (gezielt) ein anderes Bild gezeichnet hat, so werden wir gemeinsam mit dem Oberbürgermeister und den motivierten Mitarbeitern aller kommunalen Bereiche gemeinsam Lösungen für die Zukunft unserer Stadt entwickeln. Letztlich geht es darum, durch eine deutliche Verbesserung der Einnahmen und eine vertretbare Rückführung der Ausgaben ohne sozialen Kahlschlag, die finanzielle Handlungsfähigkeit  als  Stadt  zurückzugewinnen.

Dabei werden wir als Sozialdemokraten in besonderer Weise darauf achten, dass dieser Prozess dem Anspruch der sozialen Gerechtigkeit genüg.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!“

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